Ratssitzung: Kein X für ein O

15. April 20250

Die jüngste Ratssitzung vom 10. April hatte es wieder in sich: Schon auf dem Weg zum Rathaus begrüßte uns Die Linke mit einem großen Protestbanner: „Waffen runter! Löhne rauf!“ Eine passende Einstimmung auf den Rat – auch für uns sollte es heute Abend primär um Protest gehen. Ratsherr Lukas Fix (Klimaliste) hat unsere Kernanliegen im Vorfeld zusammengefasst:

Jetset, aber bitte mit schlechtem Gewissen

Unser erster Protest richtete sich gegen die da ganz oben. Gemeinsam mit den Linken hatten wir im März 2023 einen Ratsbeschluss mit einer unmissverständlichen Anweisung an den Düsseldorfer Flughafen erwirkt: Das Executive (Privatjet-)Terminal (GAT) ist zu schließen. Doch offenbar sind Privatjets – die SUV der Lüfte – auch 2025 nicht vom Himmel verschwunden. Also fragten wir nach, wie viele der klimatischen Triebwerk-Katastrophen in Düsseldorf noch starten und landen dürfen – und wann das Privatjet-Terminal endlich der Vergangenheit angehören wird. Spoiler: Am GAT startet weiterhin mehr als nur der Notfall-Ambulanzflug zur Zahnreinigung auf Sylt. Laut Verwaltung bleibt das Privatjet-Terminal auch 2025 in Betrieb, von einer baldigen Schließung ist wenig zu spüren. Die vollständige Antwort findet ihr wie immer in unserer Anfrage verlinkt. Wir bleiben dran, egal wie heiß das Thema – oder das Klima – wird.

Dürre im Park, Ebbe im Etat – Klimafolgekosten in Düsseldorf

Während die einen mit dem Privatjet nach Cannes düsen oder zum nächsten Konzert, kämpfen die anderen ums Überleben: unsere Stadtbäume. Die Klimakrise zeitigt nicht nur trockene Rasenflächen und eine erhöhte Waldbrandgefahr, sondern auch trockene Kassen. Wir wollten daher wissen: Was kostet eigentlich ein verdursteter Ahorn im Jahr 2025? Wenn Bäume kollabieren, Radwege schmelzen, Brücken bröckeln und die Versicherung fürs nächste Unwetter das Dreifache kostet, wird es höchste Zeit, das haushaltstechnisch ernst zu nehmen. Immerhin werden die Schäden durch Extremwetter und Klimafolgen deutschlandweit bis 2050 auf bis zu 900 Milliarden Euro geschätzt – und auch in Düsseldorf schnellen die Kosten für Baumpflege, Ersatzpflanzungen und klimabedingte Schäden an der Infrastruktur in die Höhe. Die Verwaltung spricht von „erheblichen Kosten“, die sich längst nicht mehr mit dem Gießkannenprinzip lösen lassen. Um es konkret zu machen: Die Summen reichen locker, um die Primeln auf den Gräbern aller toten Twitter-Accounts zu bewässern – und noch ein paar neue zu pflanzen. Was uns zum nächsten Thema führt:

Plattform X verlassen – der Break-up, den alle wollten

Nachdem X (ehemals Twitter) endgültig zum digitalen Aluhut-Flohmarkt mutiert ist, beantragten wir, den städtischen Account in den digitalen Dornröschenschlaf zu schicken. Einfach mal nichts mehr posten. Nicht einmal bei Weltuntergang. Wie das geht, haben wir am 1. April vorgemacht – aus Gründen, die sich am besten mit einem einzigen Emoji erklären lassen: 🙈

Unsere Ratsfrau Mique Mirus (Die PARTEI) brachte die Argumente auf den Punkt: „Die Plattform hat sich unter Elon Musk in eine Bühne für Desinformation, rechtsextreme Propaganda und algorithmisch verstärkte Hetze verwandelt. […] Rechtsextreme Inhalte werden dort inzwischen weniger moderiert als ein Junggesellenabschied in der Altstadt.“

Natürlich stieß unser Ansinnen auf Widerstand: Die Stadt Düsseldorf habe fast 95.000 Follower, das könne man doch nicht einfach aufgeben! Fair enough. Aber schaut man nüchtern auf die öffentlich einsehbaren Zahlen, sieht’s düster aus: Von diesen 95.000 Followern werden im besten Fall 6 Prozent überhaupt noch erreicht – und wie viele davon echte Accounts sind, steht auf einem anderen Blatt. Sagen wir’s so: Wer sich mitten auf den Corneliusplatz stellt und ein Pappschild hochhält, hat vermutlich mehr Reichweite als mit einem Tweet auf X.

Unser Antrag wurde mit hauchdünner Mehrheit in den Digitalisierungsausschuss geschoben. Ach, und apropos Corneliusplatz: Sollte der nicht autofrei werden? Bevor wir mit Pappschild protestieren gehen, hakten wir nach:

Corneliusplatz autofrei? Aber sowas von! Nur – wann?

Endlich Schluss mit Auspuffduft und Parkplatz-Poker – zumindest theoretisch. Wir hatten höflich (aber bestimmt) nachgefragt: Wann startet das autofreie Experiment auf dem Corneliusplatz? Geplant war das eigentlich für den Frühling 2025. Also standen wir schon mit Liegestühlen, Pflanzenkübeln und der Hoffnung auf ein urbanes Paradies in den Startlöchern. Passiert ist bisher allerdings: nichts, wie unsere Anfrage ergeben hat.

Wir legen unsere Drinks dann wohl wieder auf Eis (solange es noch welches gibt). Denn wie der jüngste Copernicus-Bericht zeigt: Kühler wird’s nicht mehr! Da reicht es längst nicht, nur ein paar Autos zu verbannen – die nächsten Hitzewellen kommen bestimmt, und die Stadt bleibt weiter im Wartemodus.

Kleben auf dem Boden der Tatsachen

Als die Aktivisti der Letzten Generation im Sommer 2023 kurzzeitig den Flugbetrieb störten, war der Ärger groß. Jetzt verklagt der Flughafen Düsseldorf sie auf knapp 49.000 Euro Schadensersatz – als wären die Folgen der Erderwärmung nicht schon teuer genug für die kommenden Generationen. Unser Vorschlag für eine bessere Lösung? Gesprächsrunde statt Pfandleihe! Vergleich statt Urteil, Dialog statt Düsenantrieb.

Denn: Wer sich aufs Rollfeld klebt, will nicht zum Spaß Verspätungen provozieren, sondern darauf hinweisen, dass wir sehenden Auges in die Klimakatastrophe fliegen – mit Business-Class-Ticket und Lounge-Zugang. Ratsherr Lukas Fix (Klimaliste) fand dazu deutliche Worte:

Auch Ratsfrau Mique Mirus (Die PARTEI) setzte an, um die Diskussion auf eine neue Höhe zu bringen – und sorgte damit für Turbulenzen im Saal. Prompt wurde uns vorgeworfen, wir hätten keine Ahnung vom Ernst der Lage und würden die rechtlichen Konsequenzen eines Eingriffs in den Flugverkehr unterschätzen. Dabei hatten wir uns mit den Hintergründen sehr wohl intensiv beschäftigt – und nie behauptet, einen Freispruch erstreiten zu wollen.

Uns ging es nicht um Amnestie Deluxe – sondern um eine Stadt, die an der Idee einer gerechten Zukunft klebt, die nach solidarischen Lösungen strebt, statt zuzuschlagen. Was Lukas Fix (Klimaliste) zu seinem Antrag bewogen hat, erzählt er am besten selbst:

Und jetzt? No Rest for the Wicked!

Ohne Zweifel war das eine der emotionalsten Ratssitzungen bisher – und das zu Themen, die unsere Zukunft wirklich prägen. Eines ist sicher: Wir bleiben dran und legen weiter den Finger in die Wunde, bis Klimaschutz nicht mehr nur Schlagwort, sondern gelebte Realität in Düsseldorf ist.

Jetzt legen wir erst einmal eine mehrtägige Kommunikationspause ein und wünschen euch

frohe (F)eiertage!

redaktionelle Mitarbeit: Renan Cengiz

Chris Geißler

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