Ein Gastbeitrag unseres Fraktionsmitglieds Rolf Zimmermann:
Heute ist Freiheitstag, wegen Schwarzfahrens sitzen hier und heute immer noch Menschen hinter Gittern. Der Freiheitsfonds kämpft gegen diesen Irrsinn aus dem Jahr 1935, den unrühmlichen §265a haben nämlich die Nationalsozialisten ins Strafgesetzbuch eingebaut. In Düsseldorf haben wir uns davon mittlerweile frei gemacht, mehr dazu später. Doch solche Düsseldorfer Verhältnisse gibt es nicht an vielen Orten in Deutschland, Köln ist zum Beispiel schnell nachgezogen, aber fast überall sonst kann man noch wegen Beförderungserschleichung inhaftiert werden. Hier ist meist eine nicht gezahlte hohe Geldstrafe der Anlass für Ersatzhaft, welcher allerdings durch eine Zahlung ausgesetzt werden kann. Da aber 87 % der Betroffenen arbeitslos sind und 15 % zusätzlich ohne festen Wohnsitz, ist es mit der Liquidität nicht weit her. Hier hilft der Freiheitsfonds, sammelt Geld ein, kümmert sich um Papierkram, rechnet die genannten Zahlen aus und kauft Menschen frei. Bisher rund 900.000 Euro wurden so gezahlt, 994 Personen freigekauft und der Allgemeinheit aberwitzige 14,2 Millionen Euro an Gefängniskosten erspart. Die-PARTEI-Klima-Fraktion findet das gut, sogar sehr gut und sieht den Freiheitstag 2024 als Anlass, rund 400 Euro an Sitzungsgeldern umzuleiten (freiwillige Spenden von Mitgliedern, die Ihre Aufwandsentschädigung nutzten). Wer denkt, dass das zu wenig sind, darf gerne aufstocken.
Was noch viel besser ist: Die Rheinbahn zieht niemanden mehr wegen § 265 aus dem öffentlichen Verkehr.
Die Linksfraktion hatte damals im Stadtrat mit dem Antrag „Keine Gefängnisstrafen für Rheinbahn-Fahrten ohne gültigen Fahrschein“ beantragt, dass die Schwarzfahr-Strafverfolgung aufhören soll. Das wurde am 17.11.2022 mit breiter Unterstützung angenommen, nur AfD und CDU waren bezeichnenderweise dagegen. Der Antrag wurde angenommen, aber von der Rheinbahn frecherweise nicht umgesetzt. Das haben wir dann zum Anlass genommen, einen eigenen Antrag für den 15.06.2023 zu formulieren, der die Rheinbahn anwies, die anachronistische Strafverfolgung einzustellen und hatten mächtig Rückenwind (mit Ausnahme der üblichen Verdächtigen). Bereits im Vorfeld haben wir viele Fraktionen überzeugen können und so wurde es ein interfraktioneller Antrag und einer unserer größten Erfolge. Darauf kann Düsseldorf einen trinken, vielleicht Champagner oder doch lieber ein Bier aus der klimafreundlichen Pfandflasche (aber bitte nicht in Fahrzeugen der Rheinbahn, das kann teuer werden).
Hintergrundinfo: |
Beim Wegfall der Strafbarkeit des Fahrens ohne gültigen Fahrschein in einem Fahrzeug des öffentlichen Personenverkehrs bleiben grundsätzlich alle zivilrechtlichen Ansprüche eines geschädigten Unternehmens bestehen. Es entsteht demnach auch in der Folge kein unmittelbarer Schaden für die Rheinbahn. Knöllchen werden trotzdem fällig und das ist auch gut so. Zumindest so lange, wie ÖPNV kostenpflichtig ist. Aber ein Schritt nach dem nächsten, wir dürfen die Gesternkleber nicht überfordern. |