Ratsfrau Mique Mirus und Fraktionsvorsitzender Lukas Fix
Rede anlässlich der Einbringung des Haushaltes in der Ratssitzung am 12.12.2024
Liebe Kolleg*innen!
Liebes Publikum auf der Tribüne – ja, es sind noch drei Menschen da –, und liebe Leute am Stream!
Ich möchte mich zuallererst bedanken – im Gegensatz zu den anderen, die sich am Ende bedankt haben – bei denjenigen in der Stadtverwaltung, die unsere beschlossenen Anträge mit umsetzen und uns im vergangenen Jahr bei unserer Arbeit unterstützt haben. Bei den politischen Alliierten möchte ich mich für die gute Zusammenarbeit bedanken und dafür, dass wir zusammen als progressive Mehrheit doch die eine oder andere Sache gegen die offizielle Ratsmehrheit durchsetzen konnten. Dafür können wir uns, glaube ich, auf die Schulter klopfen.
Auch den politischen Gegnern möchte ich danken, denn Gegenwind gibt den stärksten Auftrieb.
Leider kann ich in diesem versöhnlichen Ton nicht weitermachen, denn rückblickend ist der selbstgegebene Titel „Klimahauptstadt“ wohl eher euphemistisch gemeint. Düsseldorf scheitert an den wichtigen Transformationsaufgaben. Die Energiewende lässt auf sich warten. So gibt die Stadt im Vergleich mit anderen Kommunen im Ausbau von Photovoltaik ein beschämendes Bild ab: Sie ist im Ausbau mit Platz 67 von 71 die fünftschlechteste Kommune im Vergleich des Wattbewerb-Rankings. Nur München, Offenbach, Frankfurt und Hamburg scheitern noch mehr als wir. Ich denke, den Titel „Sonnenstadt“, den Sie von CDU und Bündnis 90/Die Grünen sich 2021 so gern selbst gegeben hätten, legen wir besser wieder ab. Das ist sonst etwas peinlich.
In der Transformation der Mobilität der Verkehrswende stehen wir seit Langem im Totalstau. Das Radwegenetz wurde in dieser Legislaturperiode quasi nicht erweitert. Ganze 11 Kilometer – mehr haben Sie nicht gebaut. 300 Kilometer waren geplant. Und selbst so eine Angelegenheit wie die autofreie Gestaltung des Corneliusplatzes wird zu einer angeblichen Unmöglichkeit verkompliziert. Auch das vergangene Wochenende mit seinem erwartbaren Autochaos in der Innenstadt hat wieder einmal gezeigt, dass eine so beliebte und gut besuchte Stadt wie Düsseldorf nun einmal keinen Platz für 100.000 Privat-Pkw in der Innenstadt hat. Warum fahren die Menschen mit dem Auto in die Stadt? – Na, weil es bequem und billig ist. Eine sinnvolle Verkehrseinschränkung, wie zum Beispiel ein Einfahrtstopp am Wochenende oder, noch besser und schöner, die autofreie Innenstadt, wie wir sie befürworten würden, wären gute Lösungen. Stattdessen wird lieber Däumchen gedreht – zum Unmut der Bürgerinnen und Bürger und Besuchenden, zum Schaden des Klimas und der Gesundheit sowie der Luftqualität. Dabei weiß die Stadt doch genau, dass sich 86 Prozent der Düsseldorfer*innen einen grundlegenden Wandel in der Mobilität wünschen, und zwar zu mehr Fuß- und Radverkehr. Wieso man hier nicht von Städten wie Paris, Kopenhagen oder Amsterdam lernen will, ist uns ein Rätsel.
Von der Ernährungswende hin zu mehr gesunder, pflanzlicher Kost muss ich wahrscheinlich gar nicht erst anfangen. Sie wird ja nicht einmal als notwendiger und wirksamer Hebel für Gesundheitsverbesserung und Klimaschutz wahrgenommen – und das, obwohl dies ein allgemein bekannter Fakt ist. So hat der Oberbürgermeister bei der Einbringung des Haushalts unter anderem auch die Sinnhaftigkeit unseres Antrags infrage gestellt, mit dem ein Angebot an pflanzlichen Gerichten in Kantinen und bei Caterern in der Stadt geschaffen werden soll. Dabei bieten nur zwei städtische Tochtergesellschaften, die Oper und das Theater, überhaupt vegane Gerichte an, und nach pflanzenbasierter Milch braucht man gar nicht erst zu fragen. Diese gibt es auch seit Jahren des wiederholten Fragens hier in der Cafeteria nicht. In anderen Städten, anderen Ländern und im privaten Sektor ist es dabei das Normalste der Welt, dass es diese veganen Angebote bereits gibt. Das ist in, das liegt im Trend, das ist gesund. Es lohnt sich einfach in allen Lagen.
An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal auf die Haushaltsrede des OBs zurückkommen, der die Anträge unserer und der anderen Fraktionen im September als eine „Zeitverschwendung“, gar als einen „Schaden am System“ betitelt hat. Und das, obwohl die eigene Fraktion im Laufe der Jahre selbst nicht gerade mit vielen Anträgen oder Inhalten geglänzt hat!
Es scheitert aber leider nicht nur an der Umsetzung, sondern auch am politischen Willen. So werden Initiativen wie unser Antrag zur Teil-Nachtabschaltung der Gaslaternen aufgrund von gefühlter Unsicherheit abgelehnt – leider von Ihnen allen. Dabei könnten Tausende Tonnen CO2 und viele Millionen Euro gespart werden, anstatt sie in den Gaslaternen zu verbrennen.
Dieses Geld sollte in echte Sicherheit und Hilfe für Opfer von Gewalt investiert werden. Denn Gewalt gegen Frauen findet überwiegend in den eigenen vier Wänden und nicht nachts auf dunklen Straßen statt. Deshalb beantragen wir, 1,8 Millionen Euro aus dem Topf der Gelder für die Straßenbeleuchtung durch die Teilabschaltung der Gaslaternen von 1 bis 5 Uhr morgens einzusparen. Diese Gelder sollen dann als Anschubinvestition für das notwendige dritte Frauenhaus in Düsseldorf genutzt werden. Seit der Ratifizierung der Istanbul-Konvention im Jahr 2018 ist Deutschland – und damit auch Düsseldorf – völkerrechtlich verpflichtet, ausreichend Schutzplätze für von Gewalt betroffene Frauen bereitzustellen. Mit den beiden Düsseldorfer Frauenhäusern stellen wir lediglich um die 20 der 64 Plätze bereit, die erforderlich sind. Dies stellt nicht nur eine deutliche Unterschreitung dar, sondern auch einen klaren Verstoß gegen internationale Verpflichtungen. Lassen Sie uns heute gemeinsam eine Mehrheit finden, um sicherzustellen, dass das dritte Frauenhaus möglichst früh verwirklicht werden kann, denn das bringt echte Hilfe und ist zudem auch noch gut für das Klima.
Wir alle brauchen diese Hilfe wirklich dringender denn je. Es mag dem einen oder anderen aufgrund der multiplen Krisen entgangen sein, aber wir haben jetzt zum zweiten Mal in Folge das 1,5-Grad-Ziel beziehungsweise die 1,5-Grad-Grenze in der globalen Durchschnittserwärmung über das Jahresmittel gerissen. Das bedeutet: Die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist quasi schon mehr als illusorisch. Ob wir es schaffen, 2 Grad halten zu können, ist mehr als fragwürdig.
Es muss endlich Schluss sein mit dem Gerede davon, wie viel man angeblich tun kann, und es muss wirklich angepackt werden. Natürlich können wir als Düsseldorf nicht allein das globale Weltklima retten – und damit uns alle –, sondern wir können nur unseren Anteil dazu beitragen. Aber den müssen wir auch endlich dazu beitragen. Wir sind eine Großstadt. Wir sind Landeshauptstadt. Wir sind sehr wohlhabend. Dafür wird es langsam Zeit. Das ist wichtig für die junge Generation, für die nächsten Generationen, für die Menschen im globalen Süden, aber vor allem auch für Sie, werte Kolleg*innen. Wenn die Erderwärmung in den nächsten zwei Dekaden weiter so rapide ansteigt, sind es die Senioren, die unter Extremwetterereignissen, wie zum Beispiel Hitzewellen, am meisten leiden, am wahrscheinlichsten sterben werden.
– Danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Lukas Fix, Fraktionsvorsitzender der Die PARTEI-Klima-Fraktion