AktuellesRatssitzung: Hitzige Diskussionen zu später Stunde

11. September 20230
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Ratsherr Ulf Montanus (FDP) bei seiner Rede im Stadtrat

Kultur ist gut – Zuhören ist besser

So erfrischend rational wie Thämers Beitrag auch war, würde es jedoch nicht bleiben, denn der nächste Redner war wieder mal von der FDP. Ratsherr Ulf Montanus betonte erst mal, dass er ja auch im Umweltausschuss sei und daher dazu einiges zu sagen hätte. Gasleuchten würden im Durchschnitt 50-60 Jahre alt und deren Maste sogar bis zu 100 Jahre oder mehr. Im gleichen Zeitraum fielen bei Elektroleuchten (LED) schon wieder neue Investitionen an, so Montanus. Gaslicht ziehe keine Insekten an. Die Bauteile bestünden zu 99,9, % doch zum Recycling aufwendig getrennt und entfernt werden – das sei ein kleiner Hinweis auf den anfallenden Elektroschrott und damit auch zum Thema Umwelt. Gaslicht trüge zudem nicht zur Lichtverschmutzung bei, da Gaslicht blendfrei sei und die beste Farbwiedergabe habe. Gasleuchten könne man zukünftig mit Biogas betreiben und mit Wasserstoff. 2019 habe es von Professor Pinkwart vom Land NRW ein Angebot gegeben, nach dem man finanzielle Unterstützung hätte erhalten können, falls man auf Biogas umgestellt hätte. Leider habe die Verwaltung versäumt, dieses anzunehmen und somit hätte man nun Erdgasleuchten statt Biogasleuchten. Auch Montanus griff Rohloffs Argument auf, man solle an die Großverbraucher ran und die energetische Gebäudesanierung vorantreiben. Da müsse man einiges tun. Die FDP sei ja auch für die Umwelt. Natürlich. Nach einem langwierigen Prozess mit Wissenschaft, Verwaltung, Stadtwerken, Politik und Bürgerinitiativen sei es zum Ratsbeschluss 2022 gekommen. Er danke allen Menschen, die sich mit dem Thema Gaslicht beschäftigt hätten – es seien sehr viele Initiativen gewesen. Eine Veränderung des Beschlusses führe zurecht zu Unzufriedenheit bei besagten Initiativen. Was noch gar nicht erwähnt worden sei, wäre das Kulturgut. Düsseldorf sei die einzige Stadt weltweit, die noch ein solches Gaslicht-Netzwerk habe. (Anmerk. d. Autors: Aber genau auf diese Punkte war Herr Thämer (CDU) doch bereits eingegangen?) Es sei ein touristischer Anziehungspunkt und daher müsse man den wirtschaftlichen Aspekt auch noch mal benennen. Er sei damals bei den Gaslaternengesprächen dabei gewesen und er habe einen Japaner gesehen, der eine Gaslaterne fotografiert habe. OB Keller warf ein:“In Düsseldorf trifft man ab und zu mal einen Japaner, das stimmt. Zum Glück.“ Das anschließende Kichern hielt Montanus jedoch nicht davon ab, sein Trauerspiel fortzusetzen. Wenn man jetzt die Gaslaterne durch eine LED-Laterne ersetze, dann könne man genauso gut ins Disneyland fahren oder das Phantasialand besuchen. Man solle nicht den gleichen Fehler wie Paris machen oder auch Berlin und Maastricht und die ganzen Gaslaternen verkommen lassen. Es sei ein Irrglaube, dass die Gaslaternen nicht abgebaut werden müssten. (Anmerk. d. Autors: Worauf wollte Montanus jetzt hinaus? Dieser 3-minütige Beitrag hätte auch eine SMS sein können, wenn man die Punkte, die bereits erwähnt und entkräftet wurden, weggelassen hätte. Ich jedenfalls fühlte mich unangenehm an die grauen Herren aus Michael Endes Roman „Momo“ erinnert, die den Menschen die Zeit stehlen und frage mich, woran das wohl lag bzw. wie ich meine Zeitblume mit den 3 Minuten wieder zurückbekomme.)


 

Christian Rütz (CDU) bei seiner Rede im Stadtrat
Christian Rütz (CDU) bei seiner Rede im Stadtrat

Der Bosbach’sche Rebell

In jeder Diskussion gibt es sie – jene, die sich nicht der Mehrheit unterordnen und ihre eigene Meinung vertreten wollen. Und das ist oftmals auch sinnvoll, schließlich sollten mehrere Perspektiven eingenommen werden, um eine Lage adäquat einschätzen und dann gemeinsam eine optimale Lösung erarbeiten zu können. Das es solche Individuen auch bei der CDU gibt, war für uns jetzt nicht sonderlich überraschend, aber dafür umso interessanter. Mit Christian Rütz (CDU) betrat definitiv einer der jüngeren Parteimitglieder das Podium und informierte die Anwesenden darüber, dass er gegen den Antrag stimmen werde – unsere Neugier war also schon mal geweckt. Er halte den 2020 erarbeiteten Kompromiss für richtig, da dieser in einer ausgewogenen, von OB Keller sowie Frau Zuschke initiierten Bürgerbeteiligung und einer Abwägung der Gesichtspunkte des Klimaschutzes, des Erhalts von Heimat sowie dem Geschichtsbewusstsein zusammengeführt habe. Abweichend von der Meinung seiner Fraktion betrachte er die Leuchte als Ganzes. Zudem seien noch einige Fragen offen, was die Kostenaspekte anginge, die sein Kollege Thämer aufgeführt habe. Er glaube, es sei wichtig, Heimat und Geschichte in der Politik eine gewisse Geltung zu verschaffen. Die vorgelegte Veränderungsvorlage von OB Keller und Dezernent Kral habe ja durchaus Wege eröffnet, auf die veränderte Situation zu reagieren, Dinge infrage zu stellen. Dies ermögliche im Rahmen eines neuerlichen Dialogs auch mit der Bürgerschaft einen neuen Kompromiss zu erarbeiten, der Aspekte des Klimaschutzes, der gestiegenen Kosten, aber eben auch Aspekte des Erhalts zusammengebracht hätte. Leider habe keine der Fraktionen die Gelegenheit genutzt, auf diese Vorlage näher einzugehen. Wolfgang Bosbach habe mal gesagt: „Man gelte heute oftmals schon als Rebell, wenn man mal bei seiner Meinung bliebe.“ Um aber gar nicht erst in den Verdacht ein Rebell zu sein zu kommen, wolle er mit 3 positiven Noten an die Fraktion schließen. Erst mal fände er es gut, dass man laut der Änderungsvorlage einen weitgehenden Erhalt der äußeren Form der Lampen bewahren wolle, nachdem in den Medien ja schon andere Gerüchte zu hören gewesen seien, wonach dies nur in bestimmten privilegierten Quartieren sein solle. Er hoffe, dass der Umrüstungsantrag, der noch erarbeitet werden würde, dies auch berücksichtige. Zweitens fände er gut, dass die Entscheidung durch den Rat fiele und zuvor sowohl Verwaltung als auch Ausschüsse und Bezirksvertretung angehört würden – das sei ein demokratischer Prozess und die Stadtteile würden beteiligt – das sei ein wichtiges Signal. Und drittens wolle er sich bei der CDU bedanken, denn die Diskussion sei sehr offen, sehr lebsam und sehr frei geführt worden, ohne das jemand zu irgendeiner Meinung gedrängt worden sei. Meinungen seien wertgeschätzt und abgewägt worden. Man habe auch sehr wertschätzend über die Gaslaternenbefürworter gesprochen und er empfehle diesen ebenfalls bei der Wertschätzung zu bleiben, da die Angriffe in den vergangenen Wochen teilweise schon sehr persönlich gewesen seien.Das schade deren Anliegen. Ein Sprichwort sage: „Es ist nicht notwendig, die Laterne eines anderen auszublasen, damit die eigene heller erscheint.“ Er hoffe daher auf eine faire Diskussion, wenn die Verwaltung ihren Vorschlag mache.


 

Ratsfrau Ursula Holtmann-Schnieder (SPD) bei ihrer Rede im Stadtrat
Ratsfrau Ursula Holtmann-Schnieder (SPD) bei ihrer Rede im Stadtrat

Was lange währt, bleibt evtl. einfach zu lange

Als nächstes betrat Ursula Holtman-Schnieder (SPD) das Podium. Zunächst korrigierte sie Rohloffs Aussage, dass alle versprochen hätten, die Gaslaternen blieben als solche erhalten. Das sei so nicht richtig. Im Wahlprogramm 2014 der SPD habe man sich bereits für eine Umrüstung der Gaslaternen ausgesprochen. Umrüstung hieße aber nicht Abholzung. Das einzige, was hier abgeholzt würde, sei sein Beitrag. Wichtig sei zudem, dass es richtig gewesen wäre, diese Diskussion wieder zu beginnen, denn die Welt habe sich geändert, seit man den Kompromiss geschlossen habe. Man müsse in Anbetracht des fortschreitenden Klimawandels viel mehr Dynamik in die Dekarbonisierung bringen – das habe auch gerade dieser Sommer, der vergangene Sommer und der Sommer davor gezeigt. Man sei auf jedes bisschen CO2-Einsparung angewiesen. Man erwarte von den Bürgerinnen und Bürgern in wichtigen Bereichen wie Verkehr und Heizung hohe Investitionen,die Bereitschaft, sich umzustellen, sowie von der Industrie, dass sie ganze Prozesse umstellen müsse, ohne fossile Brennstoffe wie Erdgas oder Erdöl und dann passe es einfach nicht mehr, die öffentliche Beleuchtung einer Stadt mit Erdgas zu betreiben. Das Thema sei durch. Aus diesem Grund freue sie sich sehr, dass man sich zu diesem interfraktionellen Antrag zusammengefunden habe – die CDU, die Grünen, PARTEI-Klima und die SPD – der dann, wie Mique Mirus schon gesagt habe, den ursprünglichen Antrag ersetzen werde. Es sei nicht nur ein Bereich sondern es sei ein ganzes Bündel von Argumenten, dass dafür spräche die Gaslaternen nicht mehr als Gaslaternen zu betreiben. Dekarbonisierung, Klimaschutz und Umweltschutz, die finanziellen Aspekte, der unglaublich hohe Aufwand an Wartung aufgrund der Störanfälligkeit der Gaslaternen, die immer schwierigere Beschaffung von Ersatzteilen, aber eben auch die Abschaffung des Gasnetzes wie man es kenne, weil man es nicht mehr für die anderen Bereiche benötige. Zudem erfüllten die Gaslaternen ihren eigentlichen Auftrag nicht – wie der Seniorenrat schon seit Jahren bemängele – nämlich die Umgebung und die Gehwege so zu beleuchten, dass Menschen gesund und sicher nach Hause kämen. Allein das sei schon ein wichtiges Argument, dass man miteinbeziehen sollte. Die Diskussionen hätten gezeigt, dass es vielen Menschen gar nicht darum ginge, wie diese Laternen betrieben würden. Stattdessen sei es vielen wichtig, dass das gewohnte Stadtbild erhalten bleibe. Genau darauf richte sich auch der Änderungsantrag aus – man wolle nicht, dass die Laternen abmontiert würden, sondern umgerüstet würden oder ggf. die bekannten Modelle nachgebildet würden. Es sei nicht unbedingt etwas, womit man angeben solle, dass man die letzten sei, die jene Technik einsetzen, sondern vielleicht sei dies auch ein bisschen peinlich. Es sei nicht undemokratisch, wenn sich die Lage geändert habe, noch mal über den alten Beschluss neu nachzudenken. Dann sei es wichtig, in den Diskurs zu gehen und wenn es notwendig erscheine, auch Beschlüsse zu revidieren, indem man neue Beschlüsse fasse, was man heute tun wolle. Sie wolle den Gaslichtbefürwortern danken, die sich in angemessener Art und Weise in die Diskussion eingebracht hätten. Viele hätten das getan, jedoch manche nicht. Da seien Beleidigungen, Beschimpfungen und alles mögliche in die Welt gesetzt worden und eine solche Diskussion solle man hier nicht führen, denn diese passe einfach nicht in diese weltoffene Stadt.

Chris Geißler

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