Nicht jede*r kann sich die Fahrkarten im ÖPNV leisten. Bislang gab es die Praxis, dass nach dreimaligen Fahren ohne Fahrschein ein Strafantrag gestellt wurde. Damit ist endlich Schluss.
Im Juni hatten wir die Initiative ergriffen und gemeinsam mit den Ratsfraktionen Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, SPD und FDP einen Antrag auf den Weg gebracht, der die Rheinbahn verpflichtet, auf Strafanträge und Strafanzeigen wegen des Fahrens ohne Fahrschein zu verzichten. Es war der zweite Anlauf, einen ersten gab es bereits im letzten Jahr, doch dem mangelte es aus Sicht der Beteiligten, den Vertreter*innen der Stadt in Aufsichtsrat und Vorstand der Rheinbahn, an Verbindlichkeit.
In der Ratssitzung am 7. September haben wir nachgefragt (Anfrage RAT/280/2023 und Anfrage RAT/281/2023) und wir freuen uns über die nun erfolgte Umsetzung der Forderungen einer großen Mehrheit im Rat durch die Rheinbahn AG. Seit dem 23. Mai 2023 werden keine Strafanträge mehr seitens der Rheinbahn gestellt. Die lokalen Medien und auch der Spiegel haben berichtet.
Der Spiegel stellt auch den Bezug zur Bundespolitik her, die Ampelkoalition hatte eine Prüfung des Straftatbestandes der „Beförderungserschleichung“ in § 265a StGB in Aussicht gestellt. Noch sind uns keine Ergebnisse dieser Prüfung bekannt.
Deshalb unser Hinweis nach ganz oben, an die Ampelkoalition in Berlin:
Ihr seid dran am Thema, Überarbeitung des § 265 a StGB. Macht mal Tempo, sonst kommen Euch die kommunalen Entscheidungsträger*innen zuvor. Das ist in der Sache gut, aber Ihr seht dann ein wenig lahm aus und das wollt Ihr doch sicher nicht, oder?
Auch die Leser*innen dieses Beitrags können das Thema in ihren Kommunen auf die Tagesordnungen bringen. Wenn sie direkt in der Kommunalpolitik engagiert sind, über die jeweiligen Gremien, als Bürger*innen vielleicht über die Parteien oder direkt als Anregung an die Stadträte.
Für die Nutzenden der Rheinbahn gilt unser Appell:
Fahren ohne Fahrschein ist nicht erlaubt, dabei bleibt es. Wenn Ihr ohne Ticket erwischt werdet, wird es teuer, mindestens 60 Euro sind dann fällig. Denn so sehr wir uns ihn auch wünschen, noch gibt es keinen „kostenlosen“, also beispielsweise umlagefinanzierten, ÖPNV. Deshalb unsere Bitte, kauft Euch Fahrscheine, gerne auch das Deutschlandticket, und fahrt nicht auf Kosten der Allgemeinheit!
Menschen (auch in Vorständen von Verkehrsunternehmen), die zweifeln, ob es wirklich eine gute Idee ist auf Strafanträge nach § 265a zu verzichten, geben wir zu bedenken, was Prof. Dr. Thomas Fischer, Rechtsanwalt in München und Rechtswissenschaftler, von 2013 bis 2017 Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof, am 23. Mai 2022 in der Legal Tribune Online schreibt:
„(…) Schwarzfahren sollte nicht weiter bestraft werden. Es ist in der Substanz nur das Nichtzahlen einer Schuld. Das reicht für keine der anderen Varianten des § 265a StGB. Die geschädigten Unternehmen können sich zivilrechtlich wirksam wehren. Das Unrecht des bloßen Schwarzfahrens ohne Zugangserschleichung rechtfertigt weder eine Verfolgung als Straftat noch eine solche als Ordnungswidrigkeit. Wenn das die Rechtsprechung nicht einsieht, muss der Gesetzgeber es ihr ins Strafgesetzbuch schreiben. (…)“
Wir arbeiten derweilen weiter an Verbesserungen für den ÖPNV, den Radverkehr und das Klima in der Stadt.